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Junge Autofahrerin wird von einem Polizisten zu einem Alkoholtest aufgefordert
Quelle: picture alliance / PantherMedia | Andrey Popov
Bislang gilt ein absolutes Alkoholverbot für junge Fahrer bis 21. Das soll sich aus Sicht von Versicherern ändern.

Das Wichtigste im Überblick

  • Aktuell gilt die 0,0-Promille-Grenze nur in der Probezeit und für alle Autofahrer bis 21 Jahre.
  • Die UDV will das strikte Alkoholverbot für Fahrer bis 25 ausdehnen.
  • Jetzt liegt es an der Öffentlichkeit, die Debatte weiterzuführen und die Politik zum Handeln zu bewegen.
  • Chancen zur Umsetzung bestehen
  • Der ADAC sieht aktuell keine Notwendigkeit für eine Verschärfung. 

1.287 Unfälle mit Verunglückten, 18 Menschen starben dabei und 372 wurden schwer verletzt: Das ist die Bilanz von Alkoholfahrten 2023. Ein Drittel davon von Fahrern zwischen 18 und 21.

Bei den restlichen Unfällen saßen 21- bis 24-Jährige alkoholisiert hinter dem Steuer – und unterlagen nicht mehr den strengen Regeln von 0,0 Promille für junge Autofahrer.

Für die Unfallforschung der Versicherer (UDV) im Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) ein Grund, über eine Verschärfung des Alkoholverbots für junge Erwachsene zu diskutieren.

Die UDV fordert, dass die 0,0-Promille-Grenze für Autofahrer bis 25 Jahre ausgeweitet werden soll. Ein Überblick über die aktuelle Lage und den Vorschlag des verschärften Verbots von Alkohol am Steuer.

Alkoholverbot: Die aktuelle Regelung

In Deutschland gilt für mehrere Personengruppen ein absolutes Alkoholverbot am Steuer. Das betrifft zunächst sämtliche Fahranfänger in der Probezeit – unabhängig vom Alter.

Wer in dieser Zeit alkoholisiert erwischt wird, muss an einem Aufbauseminar für Fahranfänger (ASF) teilnehmen und bekommt eine Probezeitverlängerung auf vier Jahre.

Über die Probezeit hinaus dürfen alle Fahrer unter 21 Jahren nur mit 0,0 Promille im Blut ein Fahrzeug führen. Wer dagegen verstößt, bekommt neben der verpflichtenden Teilnahme an einem ASF und der Probezeitverlängerung ein Bußgeld in Höhe von 250 Euro und einen Punkt im Fahreignungsregister in Flensburg.

Ein Verstoß gegen die 0,0-Promille-Grenze wird ab einem Wert von 0,2 Promille im Blut oder einer Atemalkoholkonzentration von 0,1 mg/l verfolgt.

Unabhängig von Alter und Probezeit gilt auch für Bus- und Taxifahrer sowie Fahrer von Gefahrgut ein absolutes Alkoholverbot. Verstöße werden mit Geldstrafen von 10.000 und 50.000 Euro geahndet.

Warum reicht das aktuelle Verbot nicht aus?

Die Unfallforschung der Versicherer sieht im aktuellen Verbot für junge Fahrer „eine Art Schutzschild vor sich selbst und äußeren Einflüssen“, erklärt UDV-Leiterin Kirstin Zeidler.

Demnach halte das Risiko, den Führerschein zu verlieren, viele Fahranfänger davon ab, sich alkoholisiert ans Steuer zu setzen. „Auch ihr Umfeld akzeptiert dies in aller Regel und animiert nicht, mitzutrinken“, so Zeidler.

Sobald aber die Fahrer 21 Jahre werden und somit das strikte Alkoholverbot fällt, würde „für viele Fahren unter zumindest geringen Alkoholmengen zur neuen Norm“, sagt Zeidler. Dabei überschätzen sich der UDV-Leiterin zufolge viele junge Autofahrer häufig selbst.

Junge Fahrende überschätzen sich häufiger selbst, sind risikogeneigter und weniger fahrerfahren. Auch bestehen Wissenslücken zum Alkoholabbau und Restalkohol.
Kirstin Zeidler, Leiterin Unfallforschung der Versicherer

Was soll sich beim Alkoholverbot ändern?

Aus diesen Gründen fordert die Unfallforschung der Versicherer eine Ausdehnung des Alkoholverbots. Es sollte künftig bis zum Ende der Fahranfänger- und Jugendlichkeitsrisikophase einschließlich des 24. Lebensjahres gelten.

Die UDV geht davon aus, dass mit der Verlängerung der 0,0-Promille-Grenze bis 25 nüchternes Fahren zur Gewohnheit wird.

Das sind aber nicht alle Vorschläge der UDV. Um die Zahl von Unfällen unter Alkoholeinfluss zu reduzieren, müsse das Angebot von öffentlichem Nahverkehr ausgebaut und mehr Fahrgemeinschaften oder günstigere Taxifahrten angeboten werden.

Diese Forderungen leiten sich aus einer Studie des UDV ab, in der 18- bis 28-Jährige befragt wurden, was sie dazu motivieren würde, das Alkoholverbot einzuhalten, wie sich das Verhalten danach verändert und was dazu beiträgt, weiter nüchtern zu fahren.

Weitere Forderungen sind:

  • Vor dem Führerschein: Sensibilisierung für die Auswirkungen des Alkoholkonsums allgemein und im Straßenverkehr
  • Während der Fahrausbildung: Umgang mit Alkohol und Drogen im Straßenverkehr als verpflichtender Mindestausbildungsinhalt und Aufklärung von Begleitpersonen im Rahmen des Begleiteten Fahrens ab 17
Ein Polizist hält ein EnviteC AlcoQuant Alkoholmessgerät vor einen Streifenwagen der Polizei
Quelle: picture alliance / CHROMORANGE | Michael Bihlmayer
Erst ab einer Atemalkoholkonzentration von 0,1 mg/l wird ein Verstoß gegen das strikte Alkoholverbot geahndet.

Wann gilt die 0,5-Promille-Grenze?

Für alle anderen Fahrer über 21 Jahre außerhalb der Probezeit gilt die 0,5-Promille-Grenze. Bis zu diesem Wert ist das Fahren grundsätzlich erlaubt, sofern keine Auffälligkeiten vorliegen. Wird man mit 0,5 bis 1,09 Promille erwischt, dann drohen:

  • 500 bis 1.500 Euro Bußgeld
  • 2 Punkte in Flensburg
  • 1 bis 3 Monate Fahrverbot

Doch Vorsicht: Bereits ab 0,3 Promille Alkohol im Blut können Strafen drohen – wenn dadurch der Verkehr gefährdet wird.

Absolut fahruntüchtig: Was bedeutet das?

Wer mit mindestens 1,1 Promille Alkohol im Blut hat, gilt als absolut fahruntüchtig. Wer sich dennoch hinters Steuer setzt, begeht eine Straftat. Damit drohen drei Punkte in Flensburg, der Entzug der Fahrerlaubnis für sechs bis fünf Jahre und eine Geldstrafe.

Bei besonders schweren Verstößen kann auch eine Freiheitsstrafe verhängt und die Fahrerlaubnis lebenslang entzogen werden. Eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) kann angeordnet werden.

Ab 1,6 Promille ist eine MPU verpflichtend. Wird dort ein Alkoholproblem festgestellt, kann die Führerscheinstelle einen neuen Führerschein verweigern.

Wie reagiert der Gesetzgeber?

Auf den Vorschlag der Unfallforschung der Versicherer gibt es aus der Bundesregierung oder dem Verkehrsministerium bislang keine Reaktion. Ob das nur an der Sommerpause des Parlaments, an einer internen Prüfung der Idee oder an mangelndem Interesse liegt, lässt sich nur spekulieren.

Eine Ausweitung des Alkoholverbots für junge Fahrer hat aber durchaus Chancen, umgesetzt zu werden. Dafür muss die Debatte aber weiterhin in der Öffentlichkeit geführt werden.

Sollten Fürsprecher wie Polizei oder ADAC den Vorschlag unterstützen, könnte dies eine Umsetzung realistischer machen – und somit auf die Tagesordnung des Verkehrsministeriums bringen.

Allerdings scheint der ADAC momentan nicht daran interessiert zu sein oder sieht zumindest keine Notwendigkeit. In einem Gespräch mit dem Nachrichtensender n-tv, sagte Katharina Luca, Pressesprecherin des ADAC, dass das Thema Alkohol im Straßenverkehr und die Gefahren ins Bewusstsein der Autofahrer gelangen müsse – unabhängig vom Alter. Mit der Unterstützung des Vorhabens des UDV ist damit vorerst nicht zu rechnen.

Dabei sprach sich der ADAC 2007 für die – vorerst letzte – Verschärfung des Alkoholverbots aus. Damals führte die Regierung die 0,0-Promille-Grenze in der Probezeit und für Fahrer bis 21 Jahre ein.

"Es ist eine vernünftige Lösung, ein vernünftiger Ansatz, den sehr hohen Unfallzahlen bei Fahranfängern wirkungsvoll zu begegnen“, hieß es vor fast 20 Jahren.

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